Ziegenmelker

Ziegenmelker

Caprimulgus europaeus Linnaeus, 1758

Allgemein Bilder (1) Autoren und Quellen

Beschreibung

Der Ziegenmelker, auch Europäischer Ziegenmelker genannt, ist neben dem Rothals-Ziegenmelker (Caprimulgus ruficollis) der einzige in Europa vorkommende Vertreter der Vogelfamilie der Nachtschwalben (Caprimulgidae). Die Art profitierte über lange Zeiträume von der Kulturtätigkeit des Menschen im Wald, insbesondere durch Waldweiden, Austragsnutzungen und Kahlschläge.

Vorkommen in Baden-Württemberg

Der Ziegenmelker hat starke Bestandeseinbußen erlitten und kommt aktuell nur noch in der nördlichen Oberrheinebene vor.

Das ehemalige Hauptverbreitungsgebiet lag in der Oberrheinebene einschließlich der Vorbergzone des Odenwaldes. Weitere Verbreitungsschwerpunkte lagen auf der Ostabdachung des Schwarzwaldes im südöstlichen Schwarzwald und auf den Schwarzwald-Randplatten. In den lichten, mit einzelnen Kiefern, Birken und Buchen bestandenen Heiden war der Ziegenmelker zur Zeit der Schafnutzung im Schwarzwald ein verbreiteter und alljährlicher Brutvogel. Auch im östlichen Bauland und im Tauberland brütete der Ziegenmelker alljährlich.

Die Hauptverbreitung des Ziegenmelkers deckt sich weitgehend mit dem wärmsten und trockensten Gebieten Baden-Württemberg mit mittleren Lufttemperaturen in den Monaten Mai bis Juli von mindestens 15 °C und mittleren Niederschlagssummen in den Monaten Mai bis Juli  von höchstens 260 mm (Hölzinger & Mahler 2001).

Lebensraum

Der Ziegenmelker bewohnt besonders lichte und wärmebegünstigte Kiefernwälder mit einem Mosaik von Blößen, Kiefernkulturen und Altholzinseln/Überhältern. Weitere geeignete Lebensräume sind Truppenübungsplätze, z.B. im Tauberland.

  • Trockene, sandige Biotope mit offenen Bodenbereichen und einem Mosaik aus Heiden, Magerrasen und lichten Wäldern v.a. mit Kiefer, selten auch Eiche, mit aufgelockerten bzw. verzahnten Innensäumen und genügend Wärmeabstrahlung vom Boden.
  • Freiflächen (Lichtungen, Kahlschläge, Schneisen) mit vegetationsarmen und freien Bodenstellen (Jagdhabitat) und Überhälter; Alt- und Totholz als Singwarten.
  • Punktuell Bodenstrukturen mit Baumstümpfen, liegendem Totholz und Astmaterial.
  • Nistplatz auf Lichtungen mit Rohboden und einer Streuauflage aus Nadeln, Zapfen und Blättern (FVA 2020).

Lebensweise

  • Reviertreuer Zugvogel mit Reviergrößen von 1,5-10 ha in Abhängigkeit von der Habitateignung
  • Jahreszeitliches Auftreten: April bis September
  • Fortpflanzungszeit ist von 01.05.- 31.08 (FVA 2020).
  • Eine Jahresbrut.
  • Er baut kein Nest, auch der Boden wird zur Eiablage nicht verändert. Die Eier werden auf trockenen und vegetationsarmen oder vegetationslosen Untergrund gelegt
  • Die Ziegenmelker erbeutet ausschließlich nachtaktive Insekten im Flug. Das Nahrungsspektrum umfasst vor allem Schmetterlinge, Käfer, Köcherfliegen, Netzflügler und Zweiflügler (Hölzinger & Mahler 2001).

Empfohlene Schutz- und Fördermaßnahmen

Von welchen Forstbetriebsarbeiten profitiert die Art?

  • Kahl-, Saum- oder Schirmschläge (ab 0,7 bis 3,0 ha) unter Erhaltung von Überhältern, v.a. freistehenden Altkiefern (etwa 3 Bäume/ha)
  • Erhaltung breiter Säume und aufgelockerter Waldinnensäume im Zuge der Bestandespflege und Durchforstung
  • Intensive Eingriffe in Kiefernbeständen im Rahmen der Vorratspflege, die einen Kronenschluss verhindern
  • Punktuelles Belassen von einzelnen Baumstümpfen, Wurzeltellern, stärkeren Totholzästen und Rindenstücken am Boden
  • Betriebsarbeiten, die zu flächigen Bodenverwundungen und vegetationsfreien Stellen führen (v.a. Rückearbeiten, Vorbereitung von Naturverjüngung mit dem Pflug)
  • Intensive Bejagung von insbesondere Fuchs und Wildschwein

Spezielle Pflegemaßnahmen (unter Beachtung des jeweiligen MaP)

  • Temporäres und dauerhaftes Offenhalten von klein- bis großflächigen Verjüngungslücken in Beständen
  • Dauerhaftes Offenhalten von geeigneten Flächen im Waldverband (entlang von Säumen, Schneisen, Holzlagerplätzen etc.)
  • Flächiges Abschieben des Oberbodens in geeigneten Bereichen
  • Steuerung von Sukzessionsflächen hin zu lichten, halboffenen Wäldern
  • (Historische) Bewirtschaftung geeigneter Bestände als Niederwald oder mit Waldweide
  • Aktive Erhaltung von Wacholderheiden und Steppenheidewäldern durch geeignete Pflege

Welche Forstbetriebsarbeiten können erhebliche Beeinträchtigungen darstellen?

  • (Erst-)Aufforstung von Freiflächen (z.B. extensiv genutzte Weiden oder Heiden)
  • Umbau von kiefernbetonten Wäldern in schattbaumgeprägte Bestockungen
  • Unter- und Voranbau insb. von Bu, Fi und Dgl in lichten Wäldern
  • Wiederbewaldung, die zu raschem und vollständigem Dichtschluss führt
  • Ausmähen von Kulturflächen in der Fortpflanzungszeit.
  • Anlage von Kirr- und Luderplätzen in der Nähe von Fortpflanzungsstätten (FVA 2020).

Landesweite Erhaltungsziele mit Waldbezug

  • Erhaltung von lichten Waldbeständen vor allem auf sandigen Standorten.
  • Erhaltung von größeren offenen Bereichen wie Lichtungen, Pionierwaldstadien und Schneisen im Wald.
  • Erhaltung von breiten Wegsäumen im Wald.
  • Erhaltung von Rohbodenflächen und Flächen mit niedrigem Bewuchs.
  • Erhaltung von einzelnen freistehenden Kiefern innerhalb der offenen Bereiche im Wald.
  • Erhaltung des Nahrungsangebots, insbesondere mit nachtaktiven Fluginsekten.
  • Erhaltung störungsfreier oder zumindest störungsarmer Fortpflanzungsstätten während der Fortpflanzungszeit (01.05. - 31.08.) (FVA 2020).

Synergien und Zielkonflikte

Lichtwaldart. Der Ziegenmelker ist eine Art mit sehr speziellen Ansprüchen an die Habitatstrukturen, wie sie bei uns nur an wenigen Orten und auch dort nur mit massiver pflegerischer Unterstützung vorkommen und erhalten werden können. Die zur Erhaltung der Art erforderlichen Maßnahmen zielen auf ein starkes Zurückdrängen der Vegetation ab und sind daher nur teilweise kompatibel mit einer auf diesen Standorten üblichen Waldbewirtschaftung. Oft handelt es sich hierbei um ehemals devastierte Wälder. Soweit für diese Arten größere zusammenhängende Flächen im Wald dauerhaft offen gehalten werden sollen, ist dies auch im Hinblick auf das LWaldG (§ 9 und § 15 LWaldG) zu prüfen und entsprechend abzuwägen. Auch die Bestimmungen von PEFC und FSC bezüglich der Walderhaltung und den Ausnahmenregelungen bzgl. des Artenschutzes sind zu beachten. Es bestehen erhebliche Überschneidungen mit den Ansprüchen der ebenfalls in diesen Gebieten vorkommenden Heidelerche und den FFH-Lebensraumtypen Sandheiden (2310) und Binnendünen (2330). Vor der Durchführung von Maßnahmen wird eine Abstimmung mit den ASP-Umsetzenden empfohlen.Innerhalb von Vogelschutzgebieten ist der jeweilige Managementplan zu beachten (FVA 2020).

Verbreitung
Keine vollständige Verbreitung aufgrund lückenhafter Datenbasis
Systematik
Stamm
Chordata
Familie
Caprimulgidae
Gattung
Caprimulgus
Art
Caprimulgus europaeus Linnaeus, 1758
Artengruppe
Vögel
Typ
Waldzielart Natura 2000
Lebensraum
  • Wuchsgebiet
    • Oberrheinisches Tiefland
  • Waldtyp
    • Trockenwälder
  • Habitatstrukturen
    • Lichte Waldstrukturen (inkl. besonnte Waldränder)
    • Moore
    • Rohboden (inkl. Sandfluren / Flusskiesfluren)
Fachkonzept
  • GKWNS-Lichtwaldkonzept
    • Waldweidekonzept
Lokaler Fokus
  • Waldgebiet
Schutzstatus
  • Priorität:
    hoch
  • Rote Liste BW:
    Vom Aussterben bedroht (1)

Autoren

  • Sidonio-Rosas, Georgette

Bildautoren

  • ForstBW

Quellen

Hölzinger, J. & Mahler, U. 2001
Die Vögel Baden-Württembergs, Nicht-Singvögel 3.
Bilder anhängen