Wald-Wiesenvögelchen

Wald-Wiesenvögelchen

Coenonympha hero (Linnaeus, 1761)

Allgemein Bilder (7) Autoren und Quellen

Beschreibung

Das Wald-Wiesenvögelchen gehört zur Schmetterlingsfamilie der Edelfalter (Nymphalidae) (Ebert et al. 1991). Die Art besiedelt grasige, windstille und luftfeuchte Freiflächen im Waldverbund.

Vorkommen in Baden-Württemberg

Das landesweite Restvorkommen des Wald-Wiesenvögelchens beschränkt sich aktuell nur noch auf vier Populationen. Diese befinden sich 1) im nördlichen Schönbuch, 2) auf der Ostalb, 3) in Oberschwaben beim Federsee und 4) in Oberschwaben bei Laupheim. Die Vorkommen in der Oberrheinebene sind erloschen, aber auch in Oberschwaben und im Neckarland hat die Art im Vergleich zu historischen Vorkommen starke Bestandeseinbußen erlitten (Landesdatenbank Schmetterlinge 2022). Auch die Population bei Schwäbisch Hall konnte in den letzten Jahren nicht mehr bestätigt werden.

Lebensraum

Optimale Habitate sind gut besonnte Freiflächen im Wald ab 0,5 ha, mit grasiger Bodenvegetation und dauerhaftem Vorkommen bekannter Wirtsgräser (zum Beispiel Rasenschmiele, Zittergras-Segge). Im Alpenvorland dienen aber auch frühe Sukzessionsstadien brachgefallener Streuwiesen als Habitate. Die Überschirmung der Habitate liegt optimaler Weise nur zwischen 0-20% (Hermann und Trautner 2019).

Typische Lebensräume des Wald-Wiesenvögelchens sind wechselfeuchte Pfeifengraslichtungen in Mittel- und Niederwäldern, vom Wald umgebene Streuwiesen(-brachen) in Nieder- und Übergangsmooren, vergraste Kahlhiebe und Sturmwurmflächen mit Süß- und Sauergräsern wie z.B. Land-Reitgras, Zittergras-Segge oder Pfeifengras (Dolek 2019). Entscheidend ist eine hohe Luftfeuchtigkeit, eine gute Besonnung und Windschutz, wohingegen die Bodenfeuchte weniger wichtig zu sein scheint (Dolek 2011). Von Bedeutung sind zudem eine ausgeprägte Streuschicht (keine jährliche Mahd!) und ein schütterer Bewuchs der Pflanzendecke, da offene Bodenstellen für die Eibablage genutzt werden (Dolek 2019). Die Siedlungsdichte im geeigneten Habitat beträgt 100-500 Falter pro ha, die Wanderdistanz der Falter liegt bei 1-5 km (Hermann und Trautner 2019).

Empfohlene Schutz- und Fördermaßnahmen

Ziel ist das Herstellen von langfristig überlebensfähigen Populationen, was bedeutet, dass voneinander abgetrennte Populationsgruppen 10 000 Individuen beinhalten sollten. Eine Populationsgruppe benötigt Experten zufolge eine Fläche von rund 40 ha (Hermann und Trautner 2019).

Konkret notwenige Maßnahmen sind: Vergrößerung bestehender Habitate und das Verschmelzen der Ostalb-Populationen. Dies geschieht am besten durch Schaffung von Freiflächen auf wechselfeuchten, wenig eutrophierten Standorten, ggf. mit Mulchereinsatz zur Förderung der Wirtsgräser. Einzelhabitate sollten eine Größe von mindestens 0,5 ha aufweisen (Hermann und Trautner 2019).

Um langfristig überlebensfähige Populationen des Wald-Wiesenvögelchens zu sichern, bedarf es einer (Wieder-)Aufnahme von Nutzungsformen, die geeignete Lebensräume im räumlich-zeitlichen Verbund zur Verfügung stellen. Dazu eignet sich beispielsweise eine oberholzarme (Überschirmung < 30%) mittelwaldartige Waldbewirtschaftung, bei der Lebensraum-Potentialflächen in Schläge von mind. 1 ha, besser 2-3 ha, eingeteilt werden und in einem regelmäßigen Turnus auf den Stock gesetzt werden. Detaillierte Informationen hierzu sind dem Behandlungstyp "Eichen-Mittelwald", der 2021 erlassen wurde, zu entnehmen.

Alternativ können Lebensräume auch durch regelmäßige Pflegeeingriffe, die ein großräumiges Offenhalten der Lebensräume gewährleisten, erhalten werden. Diese Dauerpflege ermöglicht man am besten durch sporadische Mahd/Beweidung, die einer mittel- bzw. niederwaldartigen früheren Waldbewirtschaftung entspricht und alle 5-10 Jahre stattfindet (Hermann und Trautner 2019).

Synergien und Zielkonflikte

Maßnahmen für diese Art können in Baden-Württemberg gleichzeitig auch dem Brauner Eichen- Zipfelfalter (Satyrium ilicis) und dem Platterbsen-Widderchen (Zygaena osterodensis) helfen, wenn die Falter im gleichen Gebiet vorkommen. Zudem profitieren eine ganze Reihe an Lichtwaldarten von Maßnahmen für das Wald-Wiesenvögelchen.

Weitere Informationen

Das Wald-Wiesenvögelchen ist eine Art des Artenschutzprogramms (ASP) des Landes Baden-Württemberg. Bitte lassen Sie sich bei Umsetzungen von den Artexperten des ASP beraten oder kontaktieren Sie die FVA Abt. Waldnaturschutz.

Die Art ist in der Ökokonto-Verordnung im Anhang "Förderung spezifischer Arten" gelistet und bringt bei Maßnahmen zur Neuentwicklung von Fortpflanzungsstätten 20 Ökopunkte pro Quadratmeter (LUBW 2010).

Verbreitung
Systematik
Stamm
Arthropoda
Familie
Nymphalidae
Gattung
Coenonympha
Art
Coenonympha hero (Linnaeus, 1761)
Artengruppe
Schmetterlinge
Typ
Waldzielart
Lebensraum
  • Wuchsgebiete
    • Neckarland
    • Schwäbische Alb
    • Südwestdeutsches Alpenvorland
  • Waldtypen
    • Buchenmischwälder
    • Moorwälder
    • Nadelwälder
  • Habitatstruktur
    • Lichte Waldstrukturen (inkl. besonnte Waldränder)
Fachkonzept
  • GKWNS-Lichtwaldkonzept
    • WET / BHT Eichen-Mittelwald
  • Moorschutzkonzeption
Lokaler Fokus
  • Bestand
Schutzstatus
  • Priorität:
    hoch
  • Rote Liste BW:
    Vom Aussterben bedroht (1)
  • Verantwortungsart BW:
    ja
  • Natura 2000 / Vogelschutzrichtlinie:
    • Anhang IV
  • Kalkungssensibel:
    ja

Autoren

  • Dalüge, Nora
  • Georgi, Maria

Bildautoren

  • Büro Geyer und Dolek
  • Dalüge, Nora
  • Hübner, Jacob

Quellen

Dolek, M. 2019
BfN Internethandbuch: Wald-Wiesenvögelchen (Coenonympha hero).
Dolek, M. 2011
Merkblatt Artenschutz 37: Wald-Wiesenvögelchen Coenonympha hero Linnaeus, 1761.
Ebert, G. & Rennwald, E. 1991
Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 1: Tagfalter I.
Hermann, G. & Trautner, J. 2019
Flächenanspruch hochgradig bedrohter Falterarten der „Lichtwälder“: Ableitung von Zielwerten und Räumen in Baden-Württemberg. Unveröff. Gutachten im Auftrag der FVA. 1-56.
Landesdatenbank Schmetterlinge 2022
Beobachtungskarte Coenonympha hero (Wald-Wiesenvögelchen). Abgerufen am 11.02.2022.
LUBW (Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg) 2010
Verordnung des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr über die Anerkennung und Anrechnung vorzeitig durchgeführter Maßnahmen zur Kompensation von Eingriffsfolgen (Ökokonto-Verordnung – ÖKVO).
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