Mittelspecht

Mittelspecht

Leiopicus medius

Allgemein Bilder (1) Autoren und Quellen

Beschreibung

Der Mittelspecht ist in Baden-Württemberg sehr unterschiedlich dicht verbreitet (Hölzinger & Mahler 2001).

Vorkommen in Baden-Württemberg

Die beiden größten Teilpopulationen leben entlang des gesamten Oberrheins und im weiteren Neckarbecken (mit Strom- und Heuchelberg, Oben Gäuen, Schönbuch, Glemswald, Stuttgarter Bucht, Filder, Schurwald und Welzheimer Wald bis zum Nordrand der Schwäbischen Alb). Weniger individuenstarke Vorkommen liegen im Norden des Landes (Einzugsbereiche von Tauber, Jagst und Kocher sowie Kraichgau, noch seltener in Spessart und Odenwald). Restpopulationen kommen in der Donauniederung, im Raum Ulm und isolierte Reliktvorkommen in Bodenseebecken vor. Zwischen Schwäbischer Alb und Oberschwaben gibt es nur noch lokale Einzelvorkommen: Die Reliktvorkommen im Allgäu sind mittlerweile erloschen, das Bodenseebecken beherbergt inzwischen nur noch insolierte Einzelvorkommen. Mit Ausnahme der dem Rheintal zugewandten Vorbergzone und dem Dinkelberg ist der Schwarzwald weitgehend unbesiedelt. Erst in den letzten Jahren wurden auch im inneren Schwarzwald Vorkommen der Art bekannt, wobei eindeutige Brutnachweise bis heute noch die Ausnahme sind. Die Hochlagenwälder der Schwäbischen Alb sind nicht vom Mittelspecht besiedelt, nur sehr selten werden hier streifende Vögel nachgewiesen. Brutvogel in allen Landesteilen mit Schwerpunkt in den warmen Tieflagen, besonders in den großen Flusstälern von Rhein, Necker, Main, und deren Seitengewässern sowie dem mittleren Neckarbecken (Hölzinger & Mahler 2001).

Lebensraum

Der Mittelspecht bewohnt strukturreiche, lichte Eichen-, Auen- und Bruchwälder mit grobborkigen Baumarten. Er ist eine Charakterart alter eichenreicher Laubwälder. Er nutzt auch an Wälder angrenzende strukturreiche Streuobstwiesen (FVA 2020). Oft ist er in Buchenwälder hohen Alters bzw. in der Zerfallsphase zu finden. Neben Streuobstwiesen dienen auch Parks mit altem Baumbestand als Sekundärlebensraum. Als Bewohner alter, lichter und totholzreicher Laubwälder auf fruchtbaren, frischen bis feuchten Standorten hat der Mittelspecht seit Beginn der menschlichen Rodungstätigkeit und der Nutzung von Acker und Weideland zunehmend mehr Lebensraum verloren. Die bevorzugten und am dichtesten besiedelten Lebensräume des Mittelspechtes sind Auewälder und feuchte Eichen-Hainbuchenwälder. Es gibt wenige Vogelarten, die eine so enge Bindung an eine Baumart bzw. Baumartengruppe entwickelt haben wie der Mittelspecht, der als Charaktervogel für Eichenwälder gilt. Ufergehölze sowie die spärlich erhaltenen Reste früherer Auewälder, auch an kleineren Gewässern, spielen vor allem für dispergierende Mittelspechte eine große Rolle. Großflächig betrachtet sind Laubmischwälder mit einem hohen Anteil alter, freistehender Eichen der wichtigste Lebensraum im gesamten Areal. Nach Ende der Brutzeit bis zum Beginn der Balzzeit sind Mittelspechte regelmäßig auch in Habitaten und Gebieten anzutreffen, in denen sie nicht brüten. So tauchen sie in kalten Wintern auch immer wieder an Futterstellen in Ortschaften auf (Hölzinger & Mahler 2001).

Habitatstrukturen im Wald

  • Alte, lichte Laubwälder wie Hart- und Weichholzauen mit alten Eichen, Eschen, Weiden, Ulmen sowie Erlenbruchwälder.
  • (Frühere) Weide- und Mittelwälder mit einem hohen Anteil an grobborkigen Laubbäumen.
  • Bruthöhlen bevorzugt in abgestorbenen Ästen oder anderen Faulstellen (gerne direkt unter Baumpilzen) lebender Laubbäume, alternativ auch im gesunden Holz von Weichholzbäumen (FVA 2020).

Lebensweise

  • Territorial in der Brutzeit.
  • Reviergröße zwischen 5 bis 25 ha, je höher die Dichte an alten Eichen, desto kleiner das Revier.
  • Sehr ortstreuer Standvogel mit geringer Mobilität und geringer Wiederansiedlungsdynamik.
  • Fortpflanzungszeit: ca. Februar bis Juni
  • Brutzeit: (März) April bis Juni.
  • Prinzipiell kann das ganze Jahr über an einer Höhle gearbeitet werden.
  • Es findet nur eine Jahresbrut statt.
  • Pflanzliche Nahrung spielt ganzjährig eine untergeordnete Rolle. Kirschen werden allerdings gern verzehrt und auch an die Jungen verfüttert (Hölzinger & Mahler 2001).
  • Hauptnahrungsquelle sind Insekten u.a. Arthropoden, die ganzjährig auf der Stammoberfläche abgesucht werden.
  • Nahrungssuche bevorzugt auf grobborkigen Bäumen mit toten Ästen und rauer bzw. rissiger Rinde bzw. Störstellen (z.B. auch sehr alte Buchen) (FVA 2020).

Empfohlene Schutz- und Fördermaßnahmen

Von welchen Forstbetriebsarbeiten profitiert die Art?

  • Erhaltung von Habitat- und Höhlenbäumen z.B. durch Umsetzung des Alt- und Totholz-Konzeptes von ForstBW:
    • Dauerhaftes Belassen eines kohärenten Netzes an Altholzinseln mit grobborkigen Baumarten.
    • Dauerhaftes Belassen von Habitatbäumen mit Mittelspecht-Höhlen und stehendem Totholz z.B. über Habitatbaumgruppen-Ausweisung.
    • Förderung grobborkiger Uraltbäume, insbesondere Eiche, Silberweide, Esche und Buche (> 180 Jahre).
  • Verlängerung der Produktionszeiten bzw. des Zieldurchmesser in Buche auf über 60 cm.
  • Durchforstungseingriffe, welche die Eiche sowie rauborkige Mischbaumarten (Pappel, Silberweide, Erle, Ulme) fördern.
  • Neubegründung von Eichenbeständen (FVA 2020).

Spezielle Pflegemaßnahmen (unter Beachtung des jeweiligen Managementplans)

  • Mittelwaldartige Waldbewirtschaftung.
  • Schaffung von Trittsteinhabitaten in weniger geeigneten Waldbereichen (Weichlaubbäume als schnelle, Eichen als ideale Habitatbildner).
  • Sehr langfristig auch Neubegründung bzw. Wiedervernässung von Auenwäldern (FVA 2020).

Welche Forstbetriebsarbeiten können erhebliche Beeinträchtigungen darstellen?

  • Entnahme von Überhältern, Höhlenbäumen, Alt- und Totholz, insbesondere Eiche.
  • Kurze Produktionszeiten mit Zieldurchmesser von < 50 cm bzw. wenig Altbeständen.
  • Durchforstungen und Umbaumaßnahmen, die den Anteil grobborkiger Baumarten verringern.
  • Forstliche Arbeiten während der Brutzeit in alten Eichenwäldern (FVA 2020).

Landesweite Erhaltungsziele mit Waldbezug

  • „Erhaltung von Laub- und Laubmischwäldern, insbesondere mit Eichenanteilen.
  • Erhaltung von Aue- und Erlenwäldern
  • Erhaltung von extensiv bewirtschafteten Streuobstwiesen.
  • Erhaltung von Altbäumen (insbesondere Eichen) und Altholzinseln.
  • Erhaltung von stehendem Totholz.
  • Erhaltung von Bäumen mit Höhlen.“ (Zitat aus VSG-VO v. 05.02.2010; Anlage 1)

Resümee

Klimaxart. Bei konsequenter Umsetzung eines Habitatbaumkonzeptes wie dem Alt- und Totholz-Konzeptes von ForstBW und parallel der Förderung von grobborkigen Baumarten insb. der Eiche in den Lebensstätten werden für den Mittelspecht die wesentlichen Habitatrequisiten nachhaltig bereitgestellt. In geeigneten Habitaten entlang der großen Flüsse ist auch auf die Förderung auenwaldtypischer Baumarten (Weide, Pappel, Erle, Esche) zu achten. Innerhalb von Vogelschutzgebieten ist der jeweilige Managementplan zu beachten (FVA 2020).

Verbreitung
Keine vollständige Verbreitung aufgrund lückenhafter Datenbasis
Artengruppe
Vögel
Typ
Waldzielart Natura 2000
Lebensraum
  • Wuchsgebiete
    • Baar-Wutach
    • Neckarland
    • Oberrheinisches Tiefland
    • Odenwald
    • Schwäbische Alb
    • Schwarzwald
    • Südwestdeutsches Alpenvorland
  • Waldtypen
    • Auwälder / Bruchwälder
    • Trockenwälder
  • Habitatstrukturen
    • Alte Bäume / Habitatbäume (lebend)
    • Totholz
Fachkonzept
  • AuT-Konzept
  • GKWNS-Lichtwaldkonzept
    • WET / BHT Eichen-Mittelwald
Schutzstatus
  • Priorität:
    niedrig
  • Rote Liste BW:
    (*) Ungefährdet
  • Rote Liste DE:
    (*) Ungefährdet
  • Bundesnaturschutzgesetz:
    3
  • Verantwortungsart BW:
    ja

Autoren

  • Sidonio-Rosas, Georgette
  • FVA (Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg)

Bildautoren

  • Ballenthien, Elena

Quellen

FVA (Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg) 2020
Praxishilfe Mittelspecht.
Hölzinger, J. & Mahler, U. 2001
Die Vögel Baden-Württembergs, Nicht-Singvögel 3.
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