Heldbock

Heldbock

Cerambyx cerdo Linné, 1758

Allgemein Bilder (3) Autoren und Quellen

Beschreibung

Der Große Eichenbock, auch Heldbock, Riesenbock oder Spießbock genannt, ist ein in Deutschland vom Aussterben bedrohter Käfer aus der Familie der Bockkäfer, Unterfamilie Cerambycinae. Die Art zählt zu den größten Käfern Mitteleuropas. Der Große Eichenbock ist in Mittel- und Südeuropa, auch in Südschweden, in Nordafrika und im Kaukasus beheimatet. Der Lauf des Dnepr bildet in etwa die östliche Verbreitungsgrenze. Die Art ist in Mitteleuropa sehr selten geworden und aus weiten Teilen Deutschlands verschwunden. Cerambyx cerdo gehört zu den sogenannten Urwaldreliktarten. Diese Arten haben sehr spezifische Ansprüchen bezüglich urwaldähnlichen Habitatstrukturen, die in unserer Kulturlandschaft nur noch sehr selten vorzufinden sind. Urwaldreliktarten kommen in Mitteleuropa nur noch reliktär vor, haben eine starke Bindung an Habitattradition (Strukturkontinuität und Kontinuität der Alters- und Zerfallsphase), hohe Ansprüche an Totholzqualität und -quantität und sind aus den kultivierten Wäldern Mitteleuropas verschwindend oder schon verschwunden. Urwaldreliktarten stehen sie repräsentativ für besonders schützenswerte Waldbestände Müller 2005).

Vorkommen in Baden-Württemberg

Der Heldbock besiedelt ältere Eichen mit Absterbeerscheinungen in wärmebegünstigten Wäldern in der nördlichen Oberrheinebene.

Lebensraum

Habitatstrukturen im Wald:

  • Baum- und Altholzbestände mit Eiche.
  • Bevorzugt werden umlichtete oder auch frei-stehende - z.B. entlang von Waldrändern -, physiologisch geschwächte Bäume mit absterbenden Starkästen besiedelt.
  • Saftfluss wird als Nahrungsquelle genutzt (ist aber nicht zwingend).

Geringe Habitatbindung. Vorkommen daher auch in Parkanlagen und Alleen. Kulturfolger.

Lebensweise

  • Ortstreue Art mit geringem Aktionsradius (< 1km).
  • Entwicklungsdauer der Larven 3-5 Jahre. Brutbäume werden oft über mehrere Generationen (evtl. über Jahrzehnte) bis zu ihrem völligen Absterben genutzt.
  • Arealbegrenzend ist die Verfügbarkeit und Vernetzung geeigneter Brutbäume.
  • Fortpflanzungszeit: Mai bis Ende Juli.

Empfohlene Schutz- und Fördermaßnahmen

Von welchen Forstbetriebsarbeiten profitiert die Art?

  • Erhaltung von Habitatbäumen, z. B. durch Umsetzung AuT-Konzept ForstBW:
  • Dauerhaftes Belassen und Markieren der Brutbäume.
  • Erhaltung abgängiger, kränkelnder Eichen und von Überhältern und Solitäreichen, insbesondere im Umfeld besiedelter Bäume, in Waldrandlage und im Zuge der Waldverjüngung.
  • Ausweisung von Altholzinseln bzw. Waldrefugien mit Alteichen.
  • Für die Eichennaturverjüngung förderliche Verjüngungsverfahren (z. B. Schirmschlag- und Saumschlagverfahren).
  • Wiederaufforstung mit Eiche.
  • Förderung der Eiche bei der Durchforstung und Vorratspflege.

Spezielle Pflegemaßnahmen (unter Beachtung des jeweiligen MaP)

  • Erhöhung der Zieldurchmesser (> 80 cm) bzw. der Umtriebszeit (> 180 Jahre).
  • Brutbäume freistellen.
  • Erhöhung des Eichenanteils in der näheren Umgebung von Vorkommen.
  • Belassen von vorwüchsigen Eichen als potentielle Brutbäume.
  • Wiedereinführung von Mittelwaldbewirtschaftung.

Welche Forstbetriebsarbeiten können erhebliche Beeinträchtigungen darstellen?

  • Entnahme von Habitatbäumen, insbesondere Brutbäumen.
  • Entfernen starker Kronenäste an besiedelten oder geeigneten Altbäumen.
  • Kahlschlag und Räumung ohne Erhaltung eines Altbaumreservoirs.
  • Reduktion der Eichenanteile durch
  • Langfristige schirmschlag- oder femelartige Nutzung von Alteichen ohne ausreichend gesicherte Eichennaturverjüngung.
  • Wiederaufforstung nach Kahlhieb ohne Eichenbeteiligung.
  • Nicht ausreichend regulierte Rehwildbestände

Landesweite Erhaltungsziele mit Waldbezug

  • Erhaltung von lichten eichenreichen (Quercus robur und Quercus petraea) Laubmischwäldern, lichten und besonnten Waldinnen- und -außenrändern, insbesondere mit Eichen sowie von Eichen in Parkanlagen und Alleen.
  • Erhaltung der besiedelten Brutbäume und von Brutverdachtsbäumen.
  • Erhaltung eines nachhaltigen Angebots an potentiellen Brutbäumen, insbesondere besonnte, alte, einzeln stehende, zum Teil vorgeschädigte und abgängige Bäume und Stämme in der Umgebung zu besiedelten Bäumen.
  • Erhaltung einer den standortheimischen Eichenarten angepassten Bewirtschaftung und einer nachhaltigen Ausstattung mit Eichen in Parkanlagen.

Resümee

Klimaxart. Das Erhaltungsmanagement des Heldbocks konzentriert sich zum einen auf den Erhalt der Brutbäume und zum anderen auf die nachhaltige Sicherung des Baumartenanteils der Eiche im Zuge der Waldverjüngung sowie des Anteils von Althölzern mit Eiche. Geeignete Umsetzungsinstrumente sind die WET-RL ForstBW (2014) sowie das AuT-Konzept ForstBW (2016).

Aufgrund des mit der dauerhaften Erhaltung der Brutbäume einhergehenden Nutzungsverzichtes von wertvollen Alteichen ist der Schutz des Heldbockes - insbesondere bei flächigem Auftreten - nicht frei von Interessenkonflikten, ist doch die Erzeugung und der Verkauf von wertvollem Eichenstammholz die wesentliche forstbetriebliche Motivation für die Begründung von Eichenbeständen.

Vor der Durchführung von Maßnahmen wird eine Abstimmung mit den ASP-Umsetzenden empfohlen. Innerhalb von FFH-Gebieten ist der jeweilige Managementplan zu beachten! Ein alle FFH-Gebiete umfassendes forstliches Erhaltungskonzept ist in Bearbeitung.

Weitere Informationen

Wenn nicht anders angegeben, stammen die Informationen aus der Praxishilfe Heldbock (FVA 2020).

Verbreitung
Systematik
Stamm
Arthropoda
Familie
Cerambycidae
Gattung
Cerambyx
Art
Cerambyx cerdo Linné, 1758
Artengruppe
Xylobionte Käfer
Typ
Waldzielart Natura 2000
Lebensraum
  • Wuchsgebiet
    • Oberrheinisches Tiefland
  • Waldtyp
    • Eichenmischwälder
  • Habitatstrukturen
    • Alte Bäume / Habitatbäume (lebend)
    • Lichte Waldstrukturen (inkl. besonnte Waldränder)
Fachkonzept
  • AuT-Konzept
  • GKWNS-Lichtwaldkonzept
    • WET / BHT Eichen-Mittelwald
    • Waldweidekonzept
    • Waldrandmerkblatt
Schutzstatus
  • Priorität:
    hoch
  • Rote Liste BW:
    Vom Aussterben bedroht (1)
  • Rote Liste DE:
    Vom Aussterben bedroht (1)
  • Bundesnaturschutzgesetz:
    4
  • Natura 2000 / Vogelschutzrichtlinie:
    • Anhang II
    • Anhang IV

Autoren

  • Dalüge, Nora
  • Georgi, Maria

Bildautoren

  • Dalüge, Nora
  • Reitter, Edmund
  • Schabel, Andreas

Quellen

FVA (Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg) 2020
Praxishilfe Heldbock.
Müller, J., Bußler, H., Bense, U., Brustel, H., Flechtner, G., Fowles, A., Kahlen, M., Möller, G., Mühle, H., Schmidl, J., & Zabransky, P. 2005
Urwald relict species - Saproxylic beetles indicating structural qulities and habitat tradition. waldoekologie online Heft 2 : 106-113.
UM (Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg) & LUBW (Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg) 2010
Im Portrait - die Arten und Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie.
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