Große Hufeisennase

Große Hufeisennase

Rhinolophus ferrumequinum (Schreber, 1774)

Beschreibung

Die Große Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum) gehört zu den größeren Fledermausarten Europas. Das Rückenfell ist grau bis graubraun und häufig mit gelblichen oder rötlichen Farbtönen versetzt. Erkennungsmerkmal für alle Hufeisennasen ist der sattelförmige Nasenaufsatz, der eine gezielte Echoortung erlaubt.

Die Große Hufeisennase hat in Mitteleuropa seit den 1950er Jahren dramatische Bestandseinbrüche erlebt und ist seither vom Aussterben bedroht. Als Ursache für den starken Rückgang wird der frühere Einsatz von DDT und Lindan angenommen. Heute sind der Verlust und die Zerschneidung der Lebensräume sowie der Rückgang von Nahrungsinsekten durch Insektizideinsatz die wichtigsten Gefährdungsursachen (Dietz und Kiefer 2014).

Vorkommen in Baden-Württemberg

Vor dem starken Rückgang ihrer Vorkommen war die Große Hufeisennase in Baden Württemberg überwiegend im südbadischen Raum verbreitet (Braun und Dieterlen 2003). Aktuell gibt es nur noch vereinzete Funde am Nordrand des Schwarzwalds, im Donaugebiet der Schwäbischen Alb (östlich von Tuttlingen) und im Wutachgebiet (BfN 2019).

Die Große Hufeisennase bewohnt dort wärmebegünstigte, mosaikartig strukturierte, offene und halboffene Landschaften sowie lichte Laub- und Auwälder (FVA 2020).

Lebensraum

Die Große Hufeisennase bewohnt strukturreiche und mosaikartig gegliederte, extensiv genutzte, halboffene Landschaften und lichte Laub-, Altkiefern- und Auwälder in wärmebegünstigten Gebieten. Wichtige Lebensraumelemente sind Weiden, Hecken, Baumreihen, Obstwiesen, Gehölze entlang von Fließgewässern, Waldwiesen und Waldränder (Dietz und Kiefer 2014, Simon et al. 2019, Meschede und Heller 2000). Insbesondere im Frühling werden Wälder häufig als Jagdgebiete genutzt (Bontadina 2002). Auf ihren Transferflügen zwischen Quartier und Jagdgebiet braucht die Große Hufeisennase zur Orientierung lineare Landschaftsstrukturen (Simon et al. 2019).

Nahrungshabitat

  • Nahrung sind besonders Dungkäfer (Weideviehhaltung), Nachtfalter und Spinnen.
  • Grünland mit linearen Landschaftselementen wie Hecken, Baumreihen und Waldränder (zur Orientierung).
  • Halboffene Hanggebiete mit Wiesen, Wald und Hecken.
  • Lichte Laubwälder wie Auwälder, flussnahe Hangwälder (FVA 2020).

Quartiernutzung

  • Sommerquartiere als Kolonien in warmen, zugluftfreien Dachböden, Kirchtürmen, und Ruinen mit freiem Einflug.
  • Winter-, teils auch Sommerquartiere in Höhlen, Stollen, Tunneln und Kellern (FVA 2020).

Lebensweise

Rhinolophus ferrumequinum ist eine Fledermausart mit einer geringen Reproduktionsrate (Bontadina et al. 2002). Die Geschlechtsreife tritt erst in einem Alter von 2 bis 5 Jahren ein. Die Wochenstubenzeit ist von April bis Anfang September (FVA 2020). Paarungszeit ist von September bis Oktober. Die Sommerquartiere befinden sich in gut temperierten Dachstühlen, um welche herum sich diese quartiers- und standortstreue Art zum Jagen in einem Radius von meist nur 5 km bewegt (Dietz und Kiefer 2014). Auch Kirchtürme und Ruinen mit freiem Einflug werden angenommen. Zwischen Sommer- und Winterquartier liegen nur ca. 30 km. Winterquartiere befinden sich fast immer in Höhlen, Stollen, Tunneln und Kellern (FVA 2020). Dort hüllt sich die Große Hufeisennase kopfüber hängend teilweise oder ganz in ihre Flügel ein. Diese sind breit und erlauben einen langsamen und wendigen Flug. Jagdflüge geschehen meist in niedriger Höhe bzw. vegetationsnah, sowie als Ansitzjagd (Dietz und Kiefer 2014). Die Zusammensetzung der Beute ist saisonal unterschiedlich: Im Frühling und Herbst werden überwiegend Käfer gefressen, im Sommer vor allem Nachtfalter. Aber auch Zweiflügler und Hautflügler werden regelmäßig erbeutet (Wolz 2011, Braun und Dieterlen 2003), sowie Köcherfliegen und Spinnen (Dietz und Kiefer 2014).

Empfohlene Schutz- und Fördermaßnahmen

Allgemein: * Förderung einer hohen Diversität an Lebensraumtypen mit vielen Grenzflächen im Umkreis von ca. 3,5 km um Wochenstuben (Bontadina 2002).

Von welchen Forstbetriebsarbeiten profitiert die Art? * Maßnahmen zur Verjüngung, welche vorübergehend Lichtungen bis 0,5 ha Größe hervorbringen (FVA 2020). * Lichte Strukturen besonders in Randlagen zeitweise erhalten (durch Bestandespflege) (FVA 2020). * Förderung von einheimischen Weichholzarten (führt zu erhöhtem Nahrungsangebot) (FVA 2020) * generell Förderung von heimischen Laubholzarten. * Verzicht auf Insektizide * Naturnahe Laubwälder mit Prozessschutz erhalten. * Auwälder und lichte Altkiefernwälder erhalten. * Waldrandlinie verlängern durch geschwungene Form. * Plenterwaldnutzung. * Kleingewässer und Ufergehölze fördern (Bontadina 2020; Simon et al. 2019).

Wegen des relativ geringen Aktivitätsradius der Großen Hufeisennase sollten Schutz- und Aufwertungsmaßnahmen prioritär in Quartiernähe stattfinden (Bontadina 2002).

Spezielle Pflegemaßnahmen (unter Beachtung des jeweiligen Managementplans) * Waldweide-Projekte zur Verbesserung der Jagdhabitate und zur Verbesserung des Nahrungsangebots. * Eingriffe in Bestände insbesondere in Randlagen durch truppweise Baumnutzung (FVA 2020).

Welche Forstbetriebsarbeiten können erhebliche Beeinträchtigungen darstellen? * Förderung von mit Schattbaum- oder Nadelbaumarten dominierten Beständen. * Umbau von Laub- und Mischwäldern in Nadelbaumbestände sowie Vorbau mit Nadelbäumen. * Aufforstung von kleinen freien Flächen und Waldwiesen. * Großflächige Räumungen oder Kahlhiebe, die nicht überflogen werden können (Zerschneidung). * Pestizideinsätze wie Polterschutzspritzungen (FVA 2020).

Landesweite Erhaltungsziele mit Waldbezug

  • „Erhaltung von strukturreichen Laubwäldern mit Waldinnen- und -außenrändern.
  • Erhaltung von vielfältigen, reich strukturierten Kulturlandschaften mit Bäumen, Hecken, Feldgehölzen, gewässerbegleitenden Gehölzbeständen, Grünland und insbesondere großflächigen Streuobstwiesen.
  • Erhaltung eines ausreichenden und dauerhaft verfügbaren Nahrungsangebots, insbesondere flugaktive Insekten und Spinnen im Wald und in den Streuobstwiesen.
  • Erhaltung des räumlichen Verbunds von Quartieren und Jagdhabitaten ohne Gefahrenquellen sowie von funktionsfähigen Flugrouten entlang von Leitlinien.“ (FVA 2020)

Resümee

Lichtwaldart/Offenlandart. Wesentlich ist eine naturnahe Waldwirtschaft mit einem Fokus auf die Erhaltung bzw. Schaffung lichter Bestandesstrukturen, eingestreuter kleiner Verjüngungsflächen als Jagdlebensräume sowie der Förderung der Vielfalt von Laubbaumarten und stufenreicher Waldinnen und –außenränder. Bei Reproduktionsnachweis dieser in Baden- Württemberg extrem seltenen Art sind spezielle Pflegemaßnahmen dringend geboten. In FFH-Gebieten den jeweiligen Managementplan beachten! (FVA 2020)

Weitere Informationen

  • Im Portrait - die Arten und Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie: https://pudi.lubw.de/publikationen
  • Braun, Monika, ed. Die Säugetiere Baden-Württembergs. 1. Allgemeiner Teil, Fledermäuse (Chiroptera). Ulmer, 2003.
  • BfN Anhang-IV-Arten: Große Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum): https://www.bfn.de/artenportraits/rhinolophus-ferrumequinum#anchor-field-description
Verbreitung
Keine vollständige Verbreitung aufgrund lückenhafter Datenbasis
Systematik
Stamm
Chordata
Familie
Rhinolophidae
Gattung
Rhinolophus
Art
Rhinolophus ferrumequinum (Schreber, 1774)
Artengruppe
Säugetiere
Typ
Natura 2000
Lebensraum
  • Habitatstruktur
    • Höhlen / Stollen / Bunker
Fachkonzept
  • AuT-Konzept
  • GKWNS-Lichtwaldkonzept
    • Waldweidekonzept
    • Waldrandmerkblatt
Lokaler Fokus
  • Bestand
Schutzstatus
  • Priorität:
    hoch
  • Rote Liste BW:
    Vom Aussterben bedroht (1)
  • Rote Liste DE:
    Vom Aussterben bedroht (1)
  • Bundesnaturschutzgesetz:
    4
  • Natura 2000 / Vogelschutzrichtlinie:
    • Anhang II
    • Anhang IV

Autoren

  • Liegl, Gerhild

Bildautoren

  • Specht, Friedrich

Quellen

BfN (Bundesamt für Naturschutz) 2019
Kombinierte Vorkommen- und Verbreitungskarte der Pflanzen und Tierarten der FFH-Richtlinie, Fledermäuse (P bis V), FFH-Bericht 2019. Abgerufen am 18.02.2021.
Bontadina, F. 2002
Conservation ecology in the horseshoe bats Rhinolophus ferrumequinum and Rhinolophus hipposideros.. Abgerufen am 18.04.2020.
Dietz, C. & Kiefer, A. 2014
Die Fledermäuse Europas: kennen, bestimmen, schützen.
FVA (Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg) & LUBW (Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg) 2020
Praxishilfe Große Hufeisennase Entwurf.
Meschede, A., Heller, K., & Leitl, R. 2000
Ökologie und Schutz von Fledermäusen in Wäldern: unter besonderer Berücksichtigung wandernder Arten: Teil I des Abschlussberichtes zum Forschungs-und Entwicklungsvorhaben" Untersuchungen und Empfehlungen zur Erhaltung der Fledermäuse in Wäldern".
Simon, M., Gießelmann, K., Köstermeyer, H., & Smit-Viergutz, J. 2019
BfN Internethandbuch Säugetiere - Fledermäuse: Große Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum). Abgerufen am 18.04.2020.
Wolz, I. 2011
Untersuchungen zum Beutespektrum der Großen Hufeisennase; 2008-2011, Hohenburg/Opf..