Gelbbauchunke
Beschreibung
Die Art ist aufgrund ihrer gelb und dunkel marmorierten Bauchseite unverwechselbar. Die Oberseite ist warzig und graubraun gefärbt, die Pupille herzförmig. Droht Gefahr, nimmt die Gelbbauchunke die sogenannte ‚Kahnstellung‘ ein um Feinde durch ihre leuchtende Unterseite in die Flucht zu schlagen (Glandt 2010).
Erkennungsmerkmale
- Kopf-Rumpf-Länge: bis 5 cm
- Pupillen der Unken sind herzförmig (Erd- Kreuz- und Wechselkröte: quer-oval)
- Klein, gedrungen; abgeflachter Körper ohne Ohrdrüsen
- Oberseite rau, warzig, meist lehm- oder olivfarben, Unterseite auffallend gelb (mehr als 50 %) mit individueller dunkler Fleckung
- Mehrere Finger- und Zehenspitzen gelb gefärbt
- Männchen zur Paarungszeit mit dunkelbraunen Brunftschwielen am Unterarm und den inneren Fingern
- melodischer, leiser Ruf aufgrund fehlender Schallblase: „uuh--uuh--uuh“ in Abständen von weniger als 1,5 Sekunden
- Charakteristische Warnhaltung („Kahnstellung“), bei der die Wirbelsäule nach unten durchgebogen und die Gliedmaßen nach oben gestreckt werden – dadurch wird die gelbe Warnfärbung sichtbar (Glandt 2018).
Unterscheidung von der Rotbauchunke: * Unterseite der Rotbauchunke ist schwärzlich-grau mit orangeroten Flecken (häufig überwiegt dunkle Zeichnung) und weißen Punkten (Glandt 2018).
Vorkommen in Baden-Württemberg
Baden-Württemberg liegt im Verbreitungszentrum der Gelbbauchunke und hat deshalb eine besondere Verantwortung für deren Arterhaltung in Europa. Verbreitungsschwerpunkte sind Kraichgau, Stromberg, Neckarbecken und das Schwäbische Keuper-Lias-Land, die mittlere und südliche Oberrheinebene mit der sich daran anschließenden Vorbergzone des Schwarzwaldes, das Bodenseebecken sowie weite Teile des Donautals. In Lagen über 750 m ü. NN fehlt die Art fast völlig (LUBW 2013).
Lebensraum
Habitatstrukturen im Wald:
- Laichgewässer: besonnte, flache, vegetationsarme, prädatorenfreie Pfützen (oft < 1 m²) und Tümpel mit temporärem Wasserstand (> 50 Tage) in Auenwäldern, Entwässerungsgräben, entlang von Fahrwegen oder in Fahrspuren, Feinerschließungslinien und Maschinenwegen. Auch Wurzeltellertrichter und Wildsuhlen. (Ideal: 1-6 m² Fläche pro Tümpel, 20-70 cm tief, 5-10 Tümpel im Verbund).
- Laichgewässer werden meist nur 1-2 Jahre genutzt, bis sich Prädatoren etablieren.
- Größere, vegetationsreiche, auch schattige Gewässer zum vorübergehenden Aufenthalt.
- Landlebensräume und Überwinterungsplätze sind Verstecke am/im Boden unter Steinen, Totholz, Mäusegängen und in Spalten.
Lebensweise
- Aktivitätszeitraum liegt zwischen März/April und September/Okotber (Glandt 2018).
- Aktionsdistanz adulter Unken i. d. R. bis 200 m, bei Laichgewässerverlusten deutlich weiter.
- Pionierart. Reagiert schnell auf Lebensraumveränderungen z.B. nach Überflutungen oder Trockenjahren. Jungtiere wandern bis ca. 1.500 m weit und erschließen neue Lebensräume.
- Laichplatz ortstreu,wobei je nach Standortbedingungen und Witterung starke Populationsschwankungen möglich sind.
- Fortpflanzungszeit: Ende April bis Ende August (mehrfaches Laichen abhängig von „Regenzeiten“). Larvalentwicklung: 1 - 2,5 Monate (temperaturabhängig).
- Eiklumpen (zu je 2-30 Eiern) werden an untergetauchte Pflanzenstängel oder ähnliche Strukturen geheftet (Glandt 2018).
- Als Nahrung dienen Insekten, insbesondere Käfer, Mückenlarven, Schmetterlingsraupen, Spinnen, Asseln und Würmer (Glandt 2018).
Empfohlene Schutz- und Fördermaßnahmen
Von welchen Forstbetriebsarbeiten profitiert die Art?
- Durchforstung entlang vernässter Fahrspuren (Besonnung).
- Sektionsweise Grabenunterhaltung außerhalb der Fortpflanzungszeit ohne Grabenfräse.
- Grabenunterhaltung mit Vertiefung von Doleneinläufen.
- Belassen von Wurzeltellertrichtern nach Sturmwurf.
Spezielle Pflegemaßnahmen (unter Beachtung des jeweiligen MaP)
- Neuanlage von zeitweilig wasserführenden Kleinstgewässern/Tümpelfeldern, außerhalb der Aktivitätszeit der Amphibien, mehrere im Verbund.
- Ausräumen von besiedelten Kleinstgewässern im Turnus von max. 4 Jahren.
- Durchfahren von unbefestigten Wegen mit wasserführenden Rinnen im Herbst / Winter.
- Sanierung von Rückegassen 1-2 Jahre nach der Holzerntemaßnahme durchführen.
- Beseitigung beschattender Gehölzsukzession bei bekannten Laichgewässern.
- Punktuelles Entfernen von Reisigauflagen nach Rückearbeiten in geeigneten Bereichen.
- In begründeten Fällen Anlage von Amphibienleiteinrichtungen.
- Bei der Renaturierung von Fließgewässern: Einplanen von Überschwemmungsflächen und –tümpeln (LUBW 2013)
Welche Forstbetriebsarbeiten können erhebliche Beeinträchtigungen darstellen?
- Befestigung von Rückegassen oder sofortige Wiederherstellung von Rückegassen nach Sturm oder Holzernte.
- Befahrung von besiedelten Fahrspuren.
- Entwässerungsmaßnahmen, die Kleinstgewässer und Gewässerkomplexe beeinträchtigen.
- Ausfräsen vorhandener Gräben während der Fortpflanzungszeit.
- Beseitigung von Bodenstrukturen (z. B. Steine, Totholz, Rinnen, Kuhlen).
- Überlagerung von Laichgewässern mit Holz in der Fortpflanzungszeit.
- Aufforstung, die zu starker Beschattung der Laichgewässer führt.
Landesweite Erhaltungsziele mit Waldbezug
- „Erhaltung eines Mosaiks aus ausreichend besonnten, flachen, vegetationsarmen, zumeist temporären Klein- und Kleinstgewässer, wie in Fahrspuren, an Wurzeltellern oder in Abbaugebieten.
- Erhaltung von Laub- und Mischwäldern, Feuchtwiesen und Ruderalflächen, insbesondere mit liegendem Totholz, Kleinsäugerhöhlen und weiteren geeigneten Kleinstrukturen im Umfeld der Fortpflanzungsgewässer als Sommerlebensräume und Winterquartiere.
- Erhaltung des räumlichen Verbundes zwischen den Teillebensräumen.
- Erhaltung einer Vernetzung von Populationen.“
Resümee
Lichtwaldart/Offenlandart. In Baden-Württemberg eine Art von hoher naturschutzfachlicher Bedeutung. Aufgrund des weitgehenden Verlustes an primären Lebensräumen - v.a. an dynamischen Auenstandorten - ist sie in hohem Maße von der angepassten Gestaltung sekundärer Habitate auch im Wald abhängig. Insbesondere besonnte Kleinstgewässer in frischen Fahrspuren sind potentielle Fortpflanzungsgewässer. Die Erhaltung bzw. periodische Neuschaffung dieser Habitate im Rahmen der Holzernte ist daher eine wichtige Erhaltungsmaßnahme. Maßnahmen wie das Einebnen oder Befestigen von Fahrspuren können im Einzelfall eine Beeinträchtigung darstellen. Dies kann durch ein im Hinblick auf die Erhaltungsziele achtsames Vorgehen abgewendet werden. Innerhalb von FFH-Gebieten ist der jeweilige Managementplan zu beachten.
Weitere Informationen
Wenn nicht anders angegeben, stammen die Informationen aus der Praxishilfe Gelbbauchunke (FVA 2020).
- Stamm
- Chordata
- Familie
- Bombinatoridae
- Gattung
- Bombina
- Art
- Bombina variegata
-
Wuchsgebiete
- Neckarland
- Oberrheinisches Tiefland
- Odenwald
- Schwäbische Alb
- Südwestdeutsches Alpenvorland
-
Waldtyp
- Auwälder / Bruchwälder
- AuT-Konzept
- GKWNS-Lichtwaldkonzept
- Gewässerschutz
- Priorität:
mittel - Rote Liste BW:
Stark gefährdet (2) - Rote Liste DE:
Stark gefährdet (2) -
Bundesnaturschutzgesetz:
4 - Verantwortungsart BW:
ja - Natura 2000 / Vogelschutzrichtlinie:
- Anhang II
- Anhang IV
Autoren
- Mayr, Sabine
- FVA (Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg)
Bildautoren
- FVA (Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg)
- Mayer, Josepha
Quellen
- Praxishilfe Gelbbauchunke Entwurf.
- Praxisleitfaden Amphibien- und Reptilienschutz.
- Taschenlexikon der Amphibien und Reptilien Europas.
- Artensteckbrief Gelbbauchunke, Bombina variegata (Linnaeus, 1758).