Eremit

Eremit

Osmoderma eremita (Scopoli, 1763)

Beschreibung

Der Eremit (auch Juchtenkäfer) lebt in mit Mulm gefüllten Baumhöhlen alter Laubbäume. Oft teilt er sich diese mit anderen Insektenlarven und Wirbeltieren (z.B. Waldkauz und Dohle) (Schaffrath 2003). Der Eremit gehört zu den sogenannten Urwaldreliktarten. Diese Arten haben sehr spezifische Ansprüche bezüglich urwaldähnlichen Habitatstrukturen, die in unserer Kulturlandschaft nur noch sehr selten vorzufinden sind. Urwaldreliktarten kommen in Mitteleuropa nur noch reliktär vor, haben eine starke Bindung an Habitattradition (Strukturkontinuität und Kontinuität der Alters- und Zerfallsphase), hohe Ansprüche an Totholzqualität und -quantität und sind aus den kultivierten Wäldern Mitteleuropas verschwindend oder schon verschwunden. Urwaldreliktarten stehen repräsentativ für besonders schützenswerte Waldbestände (Müller et al. 2005).

Lebensraum

Primärlebensraum sind wärmebegünstigte (zumeist) lichte Laubwälder (v.a. Hartholzauenwälder).

Habitatstrukturen im Wald:

  • Lichte Wälder mit alten bis sehr alten Bäumen.
  • Besonnte, alte, anbrüchige, lebende (!) Laubbäume größerer Dimensionen (zumeist ab BHD 50 cm) mit Höhlen.
  • Großvolumige Mulmhöhlen oder Baumspalten, insbesondere auch im Kronenraum mit mehreren Litern „schwarzem Mulm“ von ausreichender Feuchtigkeit.

Geringe Habitatbindung. Vorkommen daher auch in Alleen, Streuobstwiesen, Parkanlagen, durchgewachsenen Nieder- und Mittelwäldern, alten Hutewäldern sowie alten Kopfweiden. Er benötigt großvolumige Mulmhöhlen.

Lebensweise

  • Sehr standortstreu mit geringem Aktionsradius (ca. 300 m); besiedelte Mulmhöhlen werden Jahrzehnte lang genutzt.
  • Schwaches Ausbreitungspotenzial (max.1,5 km). Die Käfer halten sich überwiegend in der Höhle auf.
  • Die Entwicklungsdauer der Larven beträgt 3-4 Jahre.
  • Die Fortpflanzung findet von Mitte Juni bis Anfang September statt.

Empfohlene Schutz- und Fördermaßnahmen

Von welchen Forstbetriebsarbeiten profitiert die Art?

  • Einbeziehung besiedelter Bäume, Brutverdachtsbäume und alter Eichen in dauerhaft belassene Habitatbaumgruppen (z.B. gemäß AuT-Konzept ForstBW).
  • Belassen anbrüchiger und höhlenreicher einzelner Laubbäume mit großem Stammdurchmesser.
  • Förderung standortstypischer geeigneter Laubbaumarten (v. a. Eiche, Linde, Weide).

Spezielle Pflegemaßnahmen (unter Beachtung des jeweiligen MaP)

  • Markieren der Brut- und Brutverdachtsbäume.
  • Entnahme von einwachsenden, die Krone bedrängenden Bäumen.
  • Entnahme von hochwachsender, den Stamm beschattender Naturverjüngung.
  • Wiedereinführung traditioneller Waldbewirtschaftung (Mittel- und Hutewald).
  • Erhalt von Kopfweiden durch Fortführen bzw. Wiederaufnahme der traditionellen Nutzung.

Welche Forstbetriebsarbeiten können erhebliche Beeinträchtigungen darstellen?

  • Kahlschlag und Räumung ohne Erhalt eines Altbaumreservoirs.
  • Entnahme von Altholz, Brutbäumen und potenziellen Brutbäumen.
  • Umbau von Laub- und Mischwäldern in Nadelbaumbestände.
  • Zielstärkennutzung mit Zieldurchmessern von < 70 cm in Eiche und Buche.
  • Unsachgemäße Verkehrssicherungsmaßnahmen an Brutbäumen

Landesweite Erhaltungsziele mit Waldbezug

  • Erhaltung von Laubwäldern, Hutewäldern, Parkanlagen, Alleen, Streuobstwiesen, gewässerbegleitenden Auenwäldern, Kopfbaumbeständen und Einzelbäumen.
  • Erhaltung der besiedelten Bäume und Brutverdachtsbäume mit Mulmhöhlen.
  • Erhaltung eines nachhaltigen Angebots an potentiellen Brutbäumen auch in der Umgebung zu besiedelten Bäumen, insbesondere mit licht stehenden, alten Bäumen mit großvolumigen Mulmhöhlen und morschem, verpilztem Holz.

Resümee

Klimaxart. Die wenig mobile Art stellt hohe Ansprüche an die Verfügbarkeit von (lebenden !) Bäumen mit ausreichend großen, geeigneten Mulmhöhlen. Bei Vorhandensein werden diese dann oft Jahrzehnte lang besiedelt. Der forstbetriebliche Fokus liegt folglich im Erhalt dieser Bäume z.B. durch Umsetzung des AuT-Konzeptes ForstBW. Im Waldverband handelt es sich zumeist um Baumarten, die große Dimensionen erreichen können und trotz voranschreitendem Zerfall noch lange lebend bleiben, wie z.B. Eiche und Linde, aber auch Weide.

Bei Verkehrssicherungsmaßnahmen im Bereich von Eremitenvorkommen ist eine artenschutzrechtliche Prüfung durchzuführen. Vor der Durchführung von Maßnahmen wird eine Abstimmung mit den ASP-Umsetzenden empfohlen. In FFH-Gebieten ist der jeweilige Managementplan zu beachten!

Weitere Informationen

Wenn nicht anders angegeben, stammen die Informationen aus der Praxishilfe Eremit (FVA 2020).

Verbreitung
Systematik
Stamm
Arthropoda
Familie
Scarabaeidae
Gattung
Osmoderma
Art
Osmoderma eremita (Scopoli, 1763)
Artengruppe
Xylobionte Käfer
Typ
Waldzielart Natura 2000
Lebensraum
  • Wuchsgebiete
    • Neckarland
    • Oberrheinisches Tiefland
    • Schwäbische Alb
  • Waldtypen
    • Buchenmischwälder
    • Eichenmischwälder
  • Habitatstrukturen
    • Alte Bäume / Habitatbäume (lebend)
    • Lichte Waldstrukturen (inkl. besonnte Waldränder)
Fachkonzept
  • AuT-Konzept
  • GKWNS-Lichtwaldkonzept
    • WET / BHT Eichen-Mittelwald
    • Waldweidekonzept
    • Waldrandmerkblatt
Schutzstatus
  • Priorität:
    mittel
  • Rote Liste BW:
    Stark gefährdet (2)
  • Rote Liste DE:
    Stark gefährdet (2)
  • Bundesnaturschutzgesetz:
    4
  • Natura 2000 / Vogelschutzrichtlinie:
    • Anhang II
    • Anhang IV

Autoren

  • Georgi, Maria
  • FVA (Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg)

Bildautoren

  • Siga

Quellen

Schaffrath, U. 2003
Zu Lebensweise, Verbreitung und Gefährdung von Osmoderma eremita (Scopoli, 1763)(Coleoptera; Scarabaeoidea, Cetoniidae, Trichiinae). Philippia 10 : 249-336.
UM (Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg) & LUBW (Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg) 2010
Im Portrait - die Arten und Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie.