Blauschwarzer Eisvogel

Blauschwarzer Eisvogel

Limenitis reducta Staudinger, 1901

Allgemein Bilder (10) Autoren und Quellen

Beschreibung

Der Blauschwarze Eisvogel gehört zur Schmetterlingsfamilie der Edelfalter (Nymphalidae). Er ist ein Paradebeispiel für die hochgradig gefährdeten Lichtwaldarten. Im Larvalstadium ist er auf vollbesonnte Heckenkirschen auf großen Schlagflächen angewiesen. Er kommt in Deutschland nur noch auf der Schwäbischen Alb vor (Ebert et al. 1991).

Vorkommen in Baden-Württemberg

Historische Daten liegen für die Hauptnaturräume Oberrheinebene, Schwarzwald, Neckar-Tauberland und Schwäbische Alb vor. Aktuell existieren autochthone Vorkommen nur noch im letztgenannten Naturraum. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand (ASP Schmetterlinge und Daten, Hermann unveröff.) – der als gut eingeschätzt wird – zerfällt das bis vor 10 Jahren noch zusammenhängende Restareal der Schwäbischen Alb derzeit in drei Populationsgruppen, die vermutlich nicht mehr oder nur noch sporadisch in gegenseitigem Individuenaustausch stehen:

  1. Mittlere und kuppige Flächenalb im Raum Merklingen / Schelklingen / Allmendingen.
  2. Mittlere und kuppige Flächenalb im Raum Hayingen / Großes Lautertal.
  3. Hohe Schwabenalb und Obere Donau/Baaralb im Raum Schwenningen (Alb) / Mahlstetten / Sigmaringen / Irndorf / Tuttlingen.

Zwischen 2000 und 2014 waren auch in anderen Teilen der Schwäbischen Alb noch verschiedene Gebiete besiedelt, die bei aktuellen Kontrollen jedoch nicht mehr bestätigt werden konnten und zwischenzeitlich vermutlich größtenteils geräumt sind. Beispiele sind der nördliche Albtrauf (Mössinger Bergrutsch; letzter Nachweis 2004) sowie Waldgebiete der Albhochflächen um Sonnenbühl-Undingen (letzter Nachweis 2011), Münsingen (letzter Nachweis 2006), Gomadingen (letzter Nachweis 2013), Hohenstein-Ödenwaldstetten (letzter Nachweis 2014), Immendingen (letzter Nachweis 2013), Winterlingen (letzter Nachweis 2008), Hettingen (letzter Nachweis 2014) und Neufra (letzter Nachweis 2012). Schon länger zurück (1990er-Jahre) liegen letztmalige Nachweise des Blauschwarzen Eisvogels im Alb-Wutachgebiet, der Hegaualb und dem Hegau (Hermann unveröff.).

Lebensraum

Habitate für diese Falterart sind zum Beispiel Sturmwurf-/Schneebruchflächen, Käferlöcher, Leitungstrassen und Gehölzschwendungen zugewachsener Magerrasen. Er benötigt gut besonnte Freifläche von mindestens 0,5 ha mit dauerhaftem und individuenreichem Vorkommen der Roten Heckenkirsche (Hermann et al. 2019).

Unter den heutigen Landnutzungsbedingungen Baden-Württembergs besteht eine sehr weitgehende Waldbindung der Art. Ursache ist die Keimungsökologie der in Baden-Württemberg einzigen populationsrelevanten Wirtsgehölzart, der Roten Heckenkirsche (Lonicera xylosteum). Diese Gehölzart verjüngt sich auf vegetationsfreien Streustellen, die durch Hieb oder Sturmwurf im Umfeld der Stümpfe entstehen (siehe Fotos) (Ebert et al. 1991).

Gerade Massenvorkommen der Roten Heckenkirsche mit Hunderten gut besonnter Büsche, die für überlebensfähige Populationen des Blauschwarzen Eisvogel von entscheidender Bedeutung sind (s. u.), entwickeln sich unter heutigen Bedingungen ausschließlich auf größeren Kahlschlägen oder Sturmwurfflächen. Außerhalb von Wäldern wurden in den letzten 10 Jahren nur sehr wenige, meist unbeständige Vorkommen des Blauschwarzen Eisvogels bekannt. Dabei handelte es sich stets um Kalkmagerrasen, auf denen im Rahmen von Gehölzpflegemaßnahmen in größerem Umfang Bäume oder größere Gebüschbestände auf den Stock gesetzt worden waren, woraufhin sich Bestände der Roten Heckenkirsche und Larvalhabitate des Blauschwarzen Eisvogels entwickeln konnten. Als problematisch erweist sich bei solchen Vorkommen jedoch regelmäßig, dass man – aus nachvollziehbaren Gründen (Ziel: Magerrasen) – zumeist bestrebt ist, entsprechende Gehölzsukzessionen durch Beweidung, Mulchen oder Mahd nicht aufkommen zu lassen oder rasch wieder zurückzudrängen. Die Rote Heckenkirsche ist nicht „weidehart“ und verschwindet bei regelmäßiger Schaf- oder Ziegenbeweidung meist schon nach wenigen Jahren. Zudem erleiden die frühen Stadien des Blauschwarzen Eisvogels (Eier, Jungraupen) hohe Verluste durch den Verbiss ihrer Wirtsgehölze. Entsprechend unbeständig sind die ohnehin nur selten auftretenden Vorkommen von L. reducta in Kalkmagerrasen des verbliebenen Restareals (Ebert et al. 1991). Unter diesen Rahmenbedingungen obliegt der staatlichen und kommunalen Forstverwaltung die heutige Alleinverantwortung für den bundesweiten Erhalt dieser Art.

Mehr als 90% der in den letzten 10 Jahren festgestellten Larvalhabitate des Blauschwarzen Eisvogels sind dem Typus „Waldlichtung“ bzw. „Sturmwurffläche“ / „Kahlschlag“ zuzuordnen. Wenige Raupenfunde liegen aus Kalkmagerrasen vor, auf denen sich infolge von Gehölzausstockungen besonnte Bestände der Roten Heckenkirsche entwickeln konnten. Letztere bilden in Baden-Württemberg das zentrale Habitatelement jedweder Vorkommen des Blauschwarzen Eisvogels. Die einzigen, seit 2005 kontinuierlich besetzten Lebensräume der Art sind sehr große Sturmwurflichtungen des Orkans „Lothar“ (> 10 ha) mit mehreren Hundert gut besonnten Büschen der Roten Heckenkirsche. Eines der drei wichtigsten in Deutschland verbliebenen Habitate des Blauschwarzen Eisvogels zeigt Abb. 6. Habitate des Blauschwarzen Eisvogels finden sich überwiegend auf frischen bis trockenen, nährstoffreichen bis mageren Standorten. In ebener Lage wird ihre, dann nährstoffreiche Vegetation häufig von Pflanzenarten der Schlagfluren beherrscht. Habitate an trockenen Südhängen weisen dagegen regelmäßig auch Vegetationselemente der Halbtrockenrasen, Schutt- und Felsfluren auf. In Sturmwürfe oder Kahlschläge eingebettete Felsen, scheinen auf die Falter eine gewisse Attraktivität auszuüben (hohe Vorkommensstetigkeit in fels-durchsetzten Waldlücken). Neben ebenen und südexponierten Flächen können prinzipiell jedoch auch alle übrigen Expositionen als Larvalhabiatat genutzt werden, soweit in entsprechendem Umfang gut besonnte Heckenkirschen verfügbar sind. Auch von Sturmwurflichtungen an Nordhängen liegen regelmäßige Raupenfunde vor (Hermann unveröff.).

Die Struktur der meisten Larvalhabitate ist als „verbuschend offen“ oder „halboffen“ zu charakterisieren. Spätestens mit dem sukzessionsbedingten Verlust der besonnten Bodenvegetation und der Beschattung der Heckenkirschen werden die Habitate vom Blauschwarzen Eisvogel aufgegeben. Habitate mit länger andauernder Persistenz sind in der Regel > 10 ha groß (Beispiel s. oben). Kleinere und kleine Sturmwurflichtungen büßen ihre Habitateignung spätestens nach 10 Jahren wieder ein, weil sie weniger stark zu Kaltluftbildung und Spätfrostschäden neigen und kein ausgeprägt subkontinentales Lokalklima mit verkürzter Vegetationsperiode aufweisen. Die nachfolgende Baumgeneration gelangt schneller zum Dichtschluss und führt dann zur Verschattung der Heckenkirschenbestände. Kleine und mittelgroße Waldlücken können deshalb nur zum Bestandserhalt beitragen, wenn sie kontinuierlich in kürzeren, d. h. < 10-jährigen Zeitabständen neu entstehen. Um besiedelt werden zu können, müssen neue Habitate im Erreichbarkeitsradius bestehender Populationen liegen, der sich nach vorliegenden Erfahrungen in normalen Flugjahren auf 1-3 km, in Gunstjahren mit deutlich erhöhter Populationsdichte auf etwa 5 km beläuft (Hermann, unveröff.).

Lebensweise

Der Blauschwarze Eisvogel überwintert als Raupe im dritten Stadium (L3). Diese verbirgt sich in einem als „Hibernaculum“ (Weidemann 1995) oder „Hibernarium“ (Ebert & Rennwald 1991) bezeichneten Blattgehäuse (sieh Fotos), das mit einem dichten Fadenfließ an den mittleren und oberen Zweigen gut besonnter Exemplare der Roten Heckenkirsche befestigt wird. Die winterliche Suche der Hibernacula ist bei (heute üblicher) geringer Populationsdichte die einzige zuverlässige Nachweismethode für den Blauschwarzen Eisvogel (Hermann 2007). Nach den Befunden knapp 10-jähriger Raupenzählungen sind bereits die winterlichen Siedlungsdichten auf den meisten Habitatflächen überraschend gering. Selbst wenn berücksichtigt wird, dass nach Methodentests bei normaler Suchintensität immer ein erheblicher Teil der Überwinterungsgehäuse übersehen wird (50-90%), liegt die Raupendichte der Art im Winter vermutlich nur selten bei > 20 Ind. / ha Habitat. Dass unter diesen Bedingungen nur geringe Falterdichten erreicht werden (s. u.), ist nicht überraschend (Hermann unveröff.).

Im April quillt die Raupe durch Wasseraufnahme und verlässt ihr Überwinterungsgehäuse mit dem Blattaustrieb der Roten Heckenkirsche. Sie ernährt sich von jungen Blättern, absolviert zwei weitere Häutungen und ist etwa Anfang Juni ausgewachsen (siehe Fotos). Die Sturzpuppe (siehe Fotos) wird an Zweigen der Wirtsgehölze befestigt, wo ihre Reste nach dem Schlupf des Falters gelegentlich noch bis zu einem Jahr verbleiben. Etwa 10-14 Tage nach der Verpuppung schlüpft der Falter. Der Flugzeitbeginn liegt nach warmen Frühjahren etwa um den 20. Juni, er kann sich witterungsabhängig jedoch bis Anfang Juli verzögern. Die baden-württembergische Restpopulation auf der Schwäbischen Alb ist strikt einbrütig, während die erloschenen Vorkommen der Oberrheinebene, des Mittelrhein- und Moselgebiets zumindest fakultativ zwei Jahresgenerationen hervorgebracht haben. In den meisten baden-württembergischen Vorkommensgebieten fliegt die Art heutzutage in geringer bis extrem geringer Populationsdichte („low-density-species“). Häufig werden bei Flugzeitkontrollen auch in noch nachweislich besetzten Lebensräumen keine Falter beobachtet. Nur in Gunstjahren, die inzwischen Ausnahmen darstellen, können Optimalhabitate auch eine höhere Falterdichte hervorbringen. So wurden in sehr großen Sturmwurfflächen ausnahmsweise bis zu 20 Imagines der Art bei einer einzelnen Begehung gezählt (Ebert et al. 1991).

Das Nektarpflanzenspektrum der Falter ist relativ breit und in der Regel nicht in einem für die Populationen relevanten Limit. Von baden-württembergischen Populationen werden zum Beispiel gerne forstwegbegleitende Blühaspekte des Wiesenkerbels (Anthriscus sylvestris) oder der Großen Klette (Arctium lappa) als Nektarquellen genutzt (Ebert et al. 1991). Als Art mit geringer Populationsdichte ist der Blauschwarze Eisvogel zur Geschlechterfindung auf eine spezielle Strategie angewiesen (sogenanntes „perching“, Scott 1974). Hierzu besetzen die Männchen Reviere bestimmter Struktur, in denen sie auf unbegattete Weibchen warten. Sie sitzen dabei auf besonnten Zweigen von Büschen oder Bäumen, und verteidigen ihr Revier gegen männliche Artgenossen und andere Tagfalter. Oft liegen die Männchen-Reviere in der Nähe von Nektarhabitaten. Weibliche Falter suchen zur Paarung zunächst die Männchen-Reviere auf. Nach der Begattung wird regelmäßig Nektar aufgenommen. Dazwischen werden geeignete Eiablagebüsche aufgesucht, wobei vermutlich große Gebiete von vielen Quadratkilometern abgeflogen werden. Spontane Besiedlung neu entstandener Waldlichtungen lässt erwarten, dass die Weibchen regelmäßig und intensiv das Kronendach geschlossener Hochwälder auf der Suche nach Waldlücken abfliegen. Zur Eiablage werden ausschließlich gut besonnte Büsche der Roten Heckenkirsche gewählt. Am häufigsten erfolgt die Ablage an kräftige, gerne auch hohe Exemplare in mittlerer Höhe oder im obersten Bereich. Bodennahe Zweige und Stockausschläge werden dagegen weitgehend gemieden. Die Ablage erfolgt stets einzeln auf die Oberseite eines Heckenkirschen-Blattes. Nach rund einer Woche schlüpft die Ei-Raupe (L1) und beginnt sofort damit, die für alle Eisvogelarten charakteristische „Kotrippe“ am Blattrand anzulegen, auf der sie in den Fresspausen ruht. Dieses Verhalten wird als Schutzstrategie gegenüber Ameisen gedeutet, ist diesbezüglich jedoch oft wenig erfolgreich. So werden an stark durch Ameisen frequentierten Büschen fast nie Überwinterungsgehäuse oder ältere Raupenstadien gefunden. Im dritten Stadium beginnt die Raupe mit dem Bau ihres Hibernaculums, in dem sie mehrere Monate ohne Nahrungsaufnahme verharrt (August – April). In manchen Jahren stirbt während der Überwinterung ein hoher Prozentsatz der Raupen ab (Hermann unveröff.).

Empfohlene Schutz- und Fördermaßnahmen

Kurze Zusammenfassung der erforderlichen Schutzmaßnahmen: Die konkret notwenige Maßnahme zum Schutz des Falters ist die Neuentwicklung von Habitaten innerhalb der Vorkommensareale. Dies geschieht am besten durch Schaffung von Freiflächen zur Förderung der Roten Heckenkirsche. Einzelhabitate sollten eine Größe von mindestens 0,5 ha aufweisen. Dabei ist das Verschmelzen der einzelnen Habitate zu Metapopulationen sehr wichtig. Es hilft sehr, die Rote Heckenkirsche bei der Jungbestandspflege zu schonen, so können die Habitatflächen im Regelfall durch das Nutzungssytem „wandern“. Alternativ können die Flächen aber auch dauerhaft offen gehalten werden. Die Erhaltungspflege sollte dann alle 5 bis 10 Jahre mit einem Forstmulchereinsatz durchgeführt werden. Neue Habitate sollten, auf Grund der Flugdistanzen der Falter, nicht weiter als 1-5 km entfernt angelegt werde. Die Überschirmung der Habitate liegt am besten nur zwischen 0 und 20% (Hermann et al 2019).

Ausführliche Beschreibung der erforderlichen Schutzmaßnahmen: Das bisherige Überleben des Blauschwarzen Eisvogels in Baden-Württemberg (und damit in Deutschland) ist nahezu allein der günstigen zeitlichen Abfolge der Orkane „Wiebke“ (1990) und „Lothar“ (1999) zu verdanken. Die dadurch entstandenen Waldlückensysteme schufen nach der weitgehenden Einstellung der bis in die 1980er-Jahre weit verbreiteten Kahlschlagnutzung rechtzeitig neue Habitate, die der Art bis vor etwa 10 Jahren eine weite Verbreitung über große Teile der Albhochfläche bis an die Obere Donau ermöglichten. 16 Jahre nach dem Orkan Lothar ist inzwischen der Großteil dieser Habitate verwaist (Sukzession). Nur die größten, zumindest noch in Teilen offenen Sturmwurfflächen sowie wenige Kleinkahlschläge („Käferlöcher“) und Kalkmagerrasen beherbergen auch aktuell noch individuenschwache Populationen. Gezielte und zugleich erfolgreiche Maßnahmen zur Stützung der Art wurden bislang nur in geringem Umfang durchgeführt. Im Rahmen des Artenschutzprogramms Schmetterlinge (ASP) fanden im Regierungsbezirk Freiburg einzelne Felsfreistellungen statt, in deren Folge es teilweise zur befristeten Ansiedlung des Blauschwarzen Eisvogels kam (Hafner mdl.). Es handelte sich zumeist nur um kleine Flächen (< 1 ha), die sich in der Folgezeit relativ schnell wieder mit höheren Bäumen bestockten. In einzelnen Jahren konnte auf Maßnahmenflächen zwar auch eine erfolgreiche Reproduktion der Art nachgewiesen werden (Puppenrest-Funde), doch war die Nachhaltigkeit dieser Maßnahmen insgesamt gering. Daneben wurde in einigen Gebieten versucht, Vorkommen von L. reducta durch das bewusste Schonen von Heckenkirschen bei der Pflege von Kalkmagerrasen zu stützen. Nachhaltige Erfolge wurden dadurch jedoch nicht erzielt, weil die Heckenkirschen-Bestände meist gering waren (< 50 besonnte Büsche), Pflegevorgaben von den Umsetzern vor Ort unzureichend beachtet wurden und ein größerer Teil der Heckenkirschen dem Verbissdruck der Weidetiere nicht über längere Zeit standhielt. Hinzu kommt, dass es in Kalkmagerrasen immer seltener zu umfangreicheren Ausstockungen aufgekommener Baumbestände kommt und dementsprechend heute kaum noch zur Ansiedlung von Heckenkirschen. Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen ist eine Rettung des Blauschwarzen Eisvogels vor dem landes- und bundesweiten Erlöschen vermutlich nur noch durch umfangreiche Sofortmaßnahmen im Bereich der verbliebenen Restpopulationen zu verhindern . Notwendig wäre die Herstellung eines engmaschigen Netzes aus neuen Freiflächen- oder Niederwaldflächen von je mindestens 2 ha Größe, auf denen aufkommende Massenbestände der Roten Heckenkirsche im Rahmen der Jungbestandspflege geschont werden. Als grober Rahmen hinsichtlich des notwendigen Umfangs sind pro aktuell besetztem Messtischblatt-Quadranten 2-3 Maßnahmenflächen anzusetzen. Besonders geeignet wären beispielsweise alle, an ausgewiesene Magerrasen-NSG grenzenden Wälder und Forste. In deren Randzonen sollten dauerhaft als Niederwald genutzte Übergangsbereiche zwischen Hochwald und Kalkmagerrasen/Wacholderheiden eingerichtet werden. Entsprechende Niederwaldstreifen müssten mindestens 50 m breit und nach Süden offen sein. Gründliche Stark- und Schwachholzräumung (einschließlich Naturverjüngung) kann die für L. reducta nutzbare Lichtungsphase verlängern. Energieholznutzung (Brennholz, Pellets, Hackschnitzel) wäre wünschenswert. Ein mittelfristig zu realisierendes Schutzszenario für den Blauschwarzen Eisvogel und zahlreiche weitere Zielarten wären großzügige Felsfreistellungen an der Oberen Donau, im Großen Lautertal und in anderen Albtälern mit Restvorkommen des Falters. Auch hier wären niederwaldähnliche Nutzungssysteme zu reetablieren und ggf. mit Waldweide (Forschungsbedarf!) zu kombinieren (Hermann unveröff.).

Räumliche Schwerpunkte für Schutzmaßnahmen bilden diejenigen Räume mit noch verbliebenen Vorkommen, an die zwingend angeknüpft werden muss. Dies sind einerseits die mittlere und kuppige Flächenalb um Merklingen / Schelklingen / Allmendingen / Hayingen und das Große Lautertal. Andererseits die Hohe Schwabenalb und Obere Donau/Baaralb im Raum Schwenningen (Alb) / Mahlstetten / Sigmaringen / Irndorf / Tuttlingen (Hermann unveröff.).

Synergien und Zielkonflikte

Maßnahmen für diese Art können, in Baden-Württemberg, gleichzeitig auch den Schwarzen Apollofalter (Parnassius mnemosyne) und das Bergkronwicken-Widderchen (Zygaena fausta) fördern, wenn die Falter in der Umgebung vorkommen (Hermann et al 2019).

Des Weiteren enthalten alle verbliebenen Vorkommensgebiete des Blauschwarzen Eisvogels schutzwürdige Lichtwaldzönosen mit weiteren rückläufigen und gefährdeten Arten. Beispiele entsprechender Lebensräume sind felsdurchsetzte Trockenlichtungen an der Oberen Donau mit u. a. syntopen Brutvorkommen des vom Aussterben bedrohten Berglaubsängers (Phylloscopus bonellii) oder Sturmwurfkomplexe auf mesophilen Standorten mit syntopen Vorkommen der hochgradig gefährdeten Art Platterbsen-Widderchen (Zygaena osterodensis) sowie zahlreichen anderen rückläufigen und gefährdeten Falterarten (z. B. Braunauge, Lasiommata maera; Weißbindiger Mohrenfalter, Erebia ligea; Graubindiger Mohrenfalter, Erebia aethiops; Kreuzdorn-Zipfelfalter, Satyrium spini; Wachtelweizen-Scheckenfalter, Melitaea athalia). Bei optimaler Maßnahmenumsetzung wären Synergieeffekte mit dem Schutz weiterer hochgradig gefährdeter Waldzielarten möglich bzw. zu erwarten. Beispiele entsprechender Arten sind Heidelerche (Lullula arborea), Baumpieper (Anthus trivialis), Kreuzotter (Vipera berus), Alpenbock (Rosalia alpina) oder Gewöhnliche Gebirgsschrecke (Podisma pedestris) (Hermann unveröff.).

Erkennungsmerkmale

Der Blauschwarze Eisvogel gehört zur Schmetterlingsfamilie der Edelfalter (Nymphalidae). Im Tribus Limenitidini (Eisvögel) ist er mit einer Flügelspannweite von knapp 6 cm etwa gleich groß wie der verwandte Kleine Eisvogel, jedoch deutlich kleiner als der Große Eisvogel (Flügelspannweite bis 9 cm). Die Flügeloberseite ist blauschillernd schwarz, die Hinterflügelbinde nicht zusammenhängend, sondern aus einzelnen weißen Flecken bestehend. Im Vorderflügel findet sich zusätzlich ein weißer Fleck zwischen Binde und Flügelbasis. Die weiße Binde auf den Hinterflügelunterseiten ist breit und klar konturiert (Weidemann 1995). Das kugelige, grünlichgraue Ei erinnert aufgrund seiner bestachelten Oberflächenstruktur etwas an einen Igel. Die ausgewachsene Raupe ist auf dem Rücken und oben seitlich gelbgrün, an den unteren Flanken braungrau (siehe Fotos). Vorne und hinten weist sie je zwei erhabene Paare fein bestachelter Rückenzapfen auf, in der Körpermitte ein weiteres. Die graubraune Sturzpuppe zeigt am Kopfende zwei paarig angeordnete „Hörner“, inmitten des Rückens einen ovalen, braungrauen Auswuchs. Die hellbraunen Flügelscheiden werden von einem dunklen Adernetz durchzogen (Ebert et al. 1991).

Erfassungsmethoden

Erfassung im Winter anhand der Hibernacula (Überwinterungsgehäuse). Erfassung des Falters zur Flugzeit Ende Juni bis Mitte Juli.

(Ebert et al. 1991)

Verbreitung
Systematik
Stamm
Arthropoda
Familie
Nymphalidae
Gattung
Limenitis
Art
Limenitis reducta Staudinger, 1901
Artengruppe
Schmetterlinge
Typ
Waldzielart
Lebensraum
  • Wuchsgebiet
    • Schwäbische Alb
  • Waldtypen
    • Buchenmischwälder
    • Trockenwälder
  • Habitatstruktur
    • Lichte Waldstrukturen (inkl. besonnte Waldränder)
Fachkonzept
  • GKWNS-Lichtwaldkonzept
    • Waldrandmerkblatt
Schutzstatus
  • Priorität:
    mittel
  • Rote Liste BW:
    Stark gefährdet (2)
  • Verantwortungsart BW:
    ja

Autoren

  • Hermann, Gabriel

Bildautoren

  • Gottschalk, Thomas
  • Hermann, Gabriel
  • Schabel, Andreas
  • Werwie, Felicitas

Quellen

Ebert, G. & Rennwald, E. 1991
Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 1: Tagfalter I.
Hermann, G. 2007
Tagfalter suchen im Winter. Zipfelfalter, Schillerfalter und Eisvögel.
Hermann, G. & Trautner, J. 2019
Flächenanspruch hochgradig bedrohter Falterarten der „Lichtwälder“: Ableitung von Zielwerten und Räumen in Baden-Württemberg. Unveröff. Gutachten im Auftrag der FVA. 1-56.
Landesdatenbank Schmetterlinge 2022
Schmetterlinge Baden-Württembergs. Abgerufen am 18.03.2022.
Scott, J.A. 1974
Mate-locating Behavior of Butterflies. Am. Midl. Nat. 91 : 103-117.
Weidemann, H.J. 1995
Tagfalter: beobachten, bestimmen.
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