Alpenbock

Alpenbock

Rosalia alpina (Linné, 1758)

Beschreibung

Der Alpenbock ist ein Käfer aus der Familie der Bockkäfer (Cerambycidae). Rosalia alpina gehört zu den sogenannten Urwaldreliktarten. Diese Arten haben sehr spezifische Ansprüche bezüglich urwaldähnlichen Habitatstrukturen, die in unserer Kulturlandschaft nur noch sehr selten vorzufinden sind. Urwaldreliktarten kommen in Mitteleuropa nur noch reliktär vor, haben eine starke Bindung an Habitattradition (Strukturkontinuität und Kontinuität der Alters- und Zerfallsphase), hohe Ansprüche an Totholzqualität und -quantität und sind aus den kultivierten Wäldern Mitteleuropas verschwindend oder schon verschwunden. Urwaldreliktarten stehen repräsentativ für besonders schützenswerte Waldbestände (Müller et al. 2005).

Erkennungsmerkmale

Die Körperlänge der Käfer liegt zwischen 15 und 38 mm. Sie können eine graublaue bis hellblaue Färbung aufweisen, Halsschild und Flügeldecken zeigen variable schwarze Flecken-und Bindenzeichnungen. Bei den Männchen sind die Fühler fast doppelt so lang wie der Körper, bei den Weibchen nur wenig länger als der Körper (Möller et al. 2006).

Vorkommen in Baden-Württemberg

Der Alpenbock kommt in lichten, wärmebegünstigten Buchenmischwäldern insbesondere in südexponierten Hanglagen der Schwäbischen Alb vor.

Lebensraum

  • Lichte und lockere, v.a. südexponierte Buchenmischwälder.
  • Die Larven leben in ausreichend besonntem, stärkerem, insbesondere stehendem Buchen-Totholz (mind. 2 m Hochstubben und BHD > 25 cm), bisweilen auch Berg-Ulme, Berg-Ahorn und andere Laubhölzer.
  • Liegendes Totholz ist zur Brut nur unverpilzt nutzbar (trockene Zersetzung wird benötigt).
  • Sonnenexponierte, absterbende Bäume zur Eiablage (in Borken- oder Trockenrissen).

Lebensweise

  • Der Alpenbock ist ortstreu, kann aber geeignete neue Lebensräume schnell besiedeln.
  • In Ausbreitung begriffen.
  • Entwicklungsdauer der Larven 2-4 Jahre.
  • Nutzt besiedelte Stämme immer wieder bis sie ihre Eignung verlieren; das kann weit über 10 Jahre andauern.
  • Fortpflanzungszeit (=Schwärmzeit) von Ende Juni bis Anfang September.

Empfohlene Schutz- und Fördermaßnahmen

Von welchen Forstbetriebsarbeiten profitiert die Art?

  • Umsetzung des AuT-Konzeptes, hier v.a.: Aufbau eines zusammenhängenden Netzes von Habitatbaumgruppen und geeigneter Waldrefugien mit Buche. Belassen von einzelnem stehendem, v.a. stärkerem Totholz und Hochstubben (2-3 m), ggfls. markieren.
  • Schnelle Holzabfuhr von Buchenstamm- und Brennholz bis Mitte Juni (Eiablage auch in Holzpoltern!).
  • Belassen von Buchen-Wipfeln und Starkästen in besonnter Lage.

Spezielle Pflegemaßnahmen (unter Beachtung des jeweiligen MaP)

  • Ringeln älterer, exponiert stehender Buchen zur Schaffung potentieller Brutbäume bzw. neuer Vorkommen.
  • Lagerung und Polterung von Buchenholz in einem Abstand von mindestens 500 m zu den Brutbäumen, falls zwischen Juni und September gelagert werden muss.

Welche Forstbetriebsarbeiten können erhebliche Beeinträchtigungen darstellen?

  • Kahlschlag und Räumung ohne Erhaltung eines Altbaumreservoirs.
  • Vollständige Aufarbeitung und Nutzung abgängiger Stämme und Brutbäume, Entnahme von Totholz sowie Vollbaumnutzung im Laubholz.
  • Abtransport von Buchenstamm- oder Brennholz nach der Eiablage ab Ende Juni (Fallenwirkung).
  • Verlust lichter Strukturen im Wald und an Waldinnensäumen durch Einzelstammwirtschaft (Dauerwald).
  • Umbau von Laubwald in Nadelbaumbestände.

Landesweite Erhaltungsziele mit Waldbezug

  • Erhaltung von buchengeprägten Laubwäldern in sonnenexponierten Lagen sowie von sonstigen lichten Baumgruppen.
  • Erhaltung eines nachhaltigen Angebots an Alt- und Totholz, insbesondere von Rotbuche (Fagus sylvatica) sowie von Berg-Ulme (Ulmus glabra) und Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus).
  • Erhaltung von besiedelten Bäume sowie des besiedelten Totholzes und von potentiellen Brutbäumen in deren Umfeld

Erfassungsmethoden

Kartierierung der Schlüpflöcher (hochoval in Längsfaserrichtung, Verhältnis B:L 1 : 1,6; Maße: 4,5 x 7,5 bis 7x12 mm groß) (Bense 1992) und Nachweise der Imagines am Stamm sitzend evtl. mit dem Fernglas.

Resümee

Klimaxart. Bei Umsetzung des AuT-Konzeptes sind im Rahmen naturnaher Waldbewirtschaftung keine weiteren Erhaltungsmaßnahmen notwendig, sofern die Habitatbaumgruppen und Waldrefugien auf die Vorkommen der Art abgestimmt sind. Von Anfang Juni bis Mitte September sollten keine bruttauglichen, frischen Brennholzpolter im Wald vorzufinden sein (Fallenwirkung). Falls es zur versehentlichen Entnahme von Brutbäumen kommt, sollten die erkennbar besiedelten Stammabschnitte vor Ort verbleiben. Waldschutzprobleme (z.B. Kleiner Buchenborkenkäfer (Taphrorychus bicolor) oder Buchenprachtkäfer (Agrilus viridis)) durch das Belassen von physiologisch geschwächten Altbuchen sind unwahrscheinlich.

Vor der Durchführung von Maßnahmen wird eine Abstimmung mit den ASP-Umsetzenden empfohlen. In FFH-Gebieten ist der jeweilige Managementplanzu beachten!

Weitere Informationen

Wenn nicht anders angegeben, stammen die Informationen aus der Praxishilfe Alpenbock (FVA 2020).

Verbreitung
Systematik
Stamm
Arthropoda
Familie
Cerambycidae
Gattung
Rosalia
Art
Rosalia alpina (Linné, 1758)
Artengruppe
Xylobionte Käfer
Typ
Waldzielart Natura 2000
Lebensraum
  • Wuchsgebiet
    • Schwäbische Alb
  • Waldtypen
    • Buchenmischwälder
    • Hangwälder / Schluchtwälder
    • Trockenwälder
  • Habitatstrukturen
    • Lichte Waldstrukturen (inkl. besonnte Waldränder)
    • Totholz
Fachkonzept
  • AuT-Konzept
  • GKWNS-Lichtwaldkonzept
    • WET / BHT Eichen-Mittelwald
    • Waldweidekonzept
    • Waldrandmerkblatt
Schutzstatus
  • Priorität:
    mittel
  • Rote Liste BW:
    Stark gefährdet (2)
  • Rote Liste DE:
    Gefährdet (3)
  • Verantwortungsart BW:
    ja
  • Natura 2000 / Vogelschutzrichtlinie:
    • Anhang II
    • Anhang IV

Autoren

  • Georgi, Maria
  • Schürmann, Lara

Bildautoren

  • Dalüge, Nora
  • Maier, Rebekka
  • Wevell von Krüger, Anne

Quellen

FVA (Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg) & LUBW (Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg) 2020
Praxishilfe Alpenbock Entwurf.
Möller, G., Grube, R., & Wachmann, E. 2007
Der Fauna Käferführer I. Käfer im und am Wald.
Müller, J., Bußler, H., Bense, U., Brustel, H., Flechtner, G., Fowles, A., Kahlen, M., Möller, G., Mühle, H., Schmidl, J., & Zabransky, P. 2005
Urwald relict species - Saproxylic beetles indicating structural qulities and habitat tradition. waldoekologie online Heft 2 : 106-113.